Das ist die Frage für die erste Epidose des Shame Off Podcasts.
Ich widme diese Folge einer wunderbaren Freundin und sage „Danke“ für unser Gespräch, das wir von ein paar Monaten hatten, jede zu Hause auf einen Bildschirm schauend, wie in dieser Zeit üblich. Wir sprachen über weibliche Sexualität, unsere Sexualität: Was gut ist, was nicht gut ist und wo, wie und wann wir Scham spüren. Es war eins der Gespräche mit Freundinnen und tollen Frauen was zu diesem Podcast, zu diesem Projekt geführt hat. Ohne ihre Offenheit, ohne ihren Mut zu sagen, was und wie sie wirklich empfinden wäre das alles nicht entstanden und deshalb werde ich nach und nach den Frauen folgen widmen, die mit mir gesprochen haben und die mit mir sprechen werden – die aber anonym bleiben wollen.
Ich möchte kurz ihre Geschichte erzählen oder über uns Gespräch schreiben, denn dann ist klar, warum das Thema der ersten Episode ist, was wirklich guter Sex ist. Also stell sie dir wie folgt vor. Sie ist Ende zwanzig. Sie ist eine wunderschöne Frau, sie ist strahlend. Sie hat zwei zuckersüße Kinder und ist selbst irgendwie das Glück auf zwei Beinen. Sie lebt zusammen mit ihren beiden Kindern und mit ihrem Partner, hat ein eigenes Unternehmen und steht richtig solide im Leben. Ihr geht’s gut. Das war das, was sie mir auch sagte.
„Mir geht’s echt gut. Und der Sex, der ist auch wieder gut. Es war nicht so gut nach den Geburten und es hat seine Zeit gedauert, dass wir wieder zusammen gefunden haben, intim sein konnten. Aber wir haben es geschafft und darauf bin ich echt stolz.“ (Welche Frau kennt das nicht, die diese Phase schon erlebt hat?!). „Der Sex, unser Sex, den wir jetzt haben ist gut.“
„Aber weißt du wovor ich echt Angst habe? Ich habe Angst, dass ich ihm doch irgendwie nicht ausreiche, nicht genug bin. Ich habe Angst, dass er Pornos anschaut, wenn ich nicht dabei bin und dass er eigentlich das will, was er da sieht. Dass er sich danach sehnt und dass ich ihm das nicht geben kann.“ Ihre Augen glänzten und die erste Träne lief über ihre Wange. Die erste von vielen.
Wie kann es sein, dass wir uns das Leben so schwer machen? Wie kann es sein, dass wir Bilder von außen so stark werden lassen, dass wir uns selbst so schwach fühlen?
Nachdem die Tränen, die fließen mussten getrocknet waren haben wir uns gefragt, was uns die Pornoindustrie suggeriert und zeigt und, dass das definitiv kein guter Sex ist. Also zumindest nicht die Mainstreamindustrie. Und dann war sie da, die Frage des heutigen Podcasts:
Was ist denn dann guter Sex?
Was ist wirklich guter Sex?
Wir haben festgestellt, dass diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten ist, denn, was für den einen gut ist ist für den anderen noch lang nicht gut und umgekehrt. Und das was früher gut war ist jetzt vielleicht nicht mehr gut.
Guter Sex ist für jeden etwas anderes und ändert sich im Laufe der Zeit.
Nach unserem Gespräch an diesem Abend habe ich über die Frage nachgedacht und was mir danach klar wurde möchte ich heute mit dir teilen.
1. Guter Sex lässt uns die Zeit vergessen
Wenn wir wirklich im Flow sind, wenn wir wirklich voll und ganz im Gefühl der Erregung sind, dann denken wir nicht mehr über die Zeit nach. Sie verliert die Relation. Das heißt, Stunden vergehen auf einmal wie im Flug. Wir können es nicht mehr einschätzen, wie lang es dauert.
Wann hast du beim Sex die Zeit vergessen? Was war da genau?
Erinnerst du dich an einen kurzen Quickie, der einfach nur heiß, toll und erfüllend war?
Gab hattest du vor Jahren oder auch erst letzte Woche ein intimes Erlebnis, bei dem du das Gefühl für die Zeit völlig verloren hast?
Wie kam es dazu? Was hat dazu beigetragen, dass du, dass ihr geflogen seid?
Und, das ist vielleicht noch wichtig: Wenn ich von Sex spreche, dann heißt es immer – Sex mit sich selbst oder mit jemand anderem. Denn, Sex beginnt bei uns selbst. Wir können es mit uns alleine haben und/ oder mit unserem Partner, unserer Partnerin oder allgemein gesagt, mit anderen.
2. Guter Sex ist Wertschätzung auf höchstem Niveau
Bei und mit gutem Sex schätzen wir unseren Körper, unsere Bedürfnisse, unser Verlangen und natürlich auch den Körper, die Bedürfnisse und das Verlangen des anderen. Ich glaube tatsächlich, dass genau das Intimität ausmacht.
Und, was an der Stelle ja auch einfach gesagt werden muss: Nur weil wir einen Körper haben, können wir überhaupt Sex erleben und haben. Nur durch und mit unserem Körper können wir sinnliche Erregungen überhaupt spüren. Das einfach mal so am Rande für diejenigen, die nicht immer ganz so nett und freundlich sind zu ihrem Körper – wie ich z.B.
Aber zurück zur Wertschätzung auf höchstem Niveau. Wenn wir beim Sex den anderen wirklich sehen und damit meine ich, seine Bedürfnisse, das wonach er oder sie ruft aus einem Verlangen heraus, das vielleicht nicht verbal ausgedrückt werden kann, weil die Scham vielleicht dazwischen funkt oder andere Ängste, dann ist das Wertschätzung. Wertschätzung, die stärker ist als die Scham.
Dabei ist es egal ob es um erotische Fantasien oder um den Wunsch nach realen Berührungen geht. Ob es mehr Sinnlichkeit sein soll, langsamer, liebevoller, zärtlicher oder ob es andere Richtung sind. Andere Orte, Rollenspiele, eine schnelle, spontanere und derbere Art von Sex. Diese Wünsche zu sehen, zu erkennen und ihnen nachzukommen ist Wertschätzung.
Und natürlich ist es ein fantastisches Gefühl, mit seinem Körper und in seinem Körper Wertschätzung zu spüren. Wenn dich das anspricht, dann richte doch einfach einmal den Blick und den Fokus darauf.
Ich glaube tatsächlich, dass allein dadurch, dass wir uns bewusst machen, dass guter Sex Wertschätzung ist bereits eine große Befreiung und Veränderung möglich ist.
3. Guter Sex verändert Scham
Selbstverständlich hat guter Sex auch Einfluss auf unsere Scham. Ich bin mir sehr sicher, dass wirklich guter Sex Scham verändert, sie auflöst, heilt, Biermann auch mir das sagen möchte. Dazu eine kurze Erklärung dazu, was Scham ist. Ich persönlich kann sehr viel mit der Definition von der Scham Forscherin Brené Brown anfangen. Sie sagt:
“Shame is the fear of not being worthy for a connection.”
Brené Brown
Das bedeutet, Scham ist die Angst, nicht wertvoll zu sein oder nicht wertvoll genug zu sein, für eine Verbindung, für eine zwischenmenschliche Verbindung. Zum einen nach draußen, zu den Nachbarn, zu den Menschen, die irgendwie in unserem Umfeld sind – bekannte und unbekannte Menschen. (Was sollen die alle nur denken von mir, wenn sie wissen, dass ich ….?!)
Und dann natürlich auch die Verbindung zu näher stehenden Personen, zu unseren Freunden, unserer Familie, unseren Kindern und zu unserem Partner. Was passiert, wenn meine Mutter von meinen sexuellen Bedürfnissen erfährt, z.B.? Was soll mein Partner/ meine Partnerin von mir denken, wenn er oder sie weiß, wonach ich mich wirklich sehne? Bin ich dann zu langweilig? Zu extrem? Zu viel, zu wenig … nicht wertvoll genug für die Verbindung zwischen uns?
Es ist die Angst davor, abgelehnt zu werden. Es ist die Angst davor, separiert zu werden von dieser Verbindung. Und das ist eine evolutionäre Gesetzmäßigkeit. Früher, als wir noch auf den Bäumen lebten war ausgegrenzt zu werden, der sichere Tod.
Vielleicht ist die Angst deshalb bis heute so groß.
Und ich glaube, dass es tätsächlich soweit geht, dass wir sogar Angst haben, nicht wertvoll genug zu sein für die Verbindung mit uns selbst. Aber das führt jetzt zu weit.
Heute geht es um darum, was guter Sex ist und guter Sex verändert Scham. Guter Sex heilt. Er bringt Licht ins Dunkle und wenn wir uns verstanden fühlen, gehalten werden, Wertschätzung spüren für unsere Bedürfnisse und für unseren Körper, dann durchbrechen wir die Schamgrenze und erleben die Freiheit hinter der Scham. Dann sind wir einfach, ohne Angst.
Dann sind wir genau richtig, lustvoll genau richtig.
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